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Mahatma Gandhi
bundesweite Petitionseinreichung von Gewaltopfern
Internationaler Tag der Gewaltlosigkeit - als auch ein historisches Ereignis zur Petitionseinreichung von Gewaltopfern
Seit dem 02. Oktober 2022, dem internationalen Tag der Gewaltlosigkeit, sowie Mahatma Gandhis Geburtstag, schließen sich, historisch einzigartig, Gewaltopfer deutschlandweit zusammen, um Petitionen an allen Landtagen einzureichen.
Eigentlich stellt das Opferentschädigungsgesetz (OEG) eine gesetzliche Grundlage dar, Opfern von vorsätzlich rechtswidrigen tätlichen Angriffen gegen die eigene Person oder einer anderen, mit dem Ziel zu unterstützen, die gesundheitlichen, sowie wirtschaftlichen Folgen auszugleichen, wenn diese durch die Gewalttat Schäden erlitten haben. Der Staat ist hierzu durch die Richtlinie zur Entschädigung der Opfer von Straftaten (2004/80/EG) des europäischen Rates, sowie des nationalen Opferentschädigungsgesetzes (OEG), verpflichtet. …So zumindest in der Theorie…
Dieses Gesetz versagt allerdings in der Praxis. (Hinweis: am 01.01.2024 trat das SGB XIV als Nachfolgegesetz des OEG in Kraft, wobei hinsichtlich vorheriger Bestandsfälle ein Wahlrecht zwischen dem OEG und SGB XIV besteht. Die Forderungen innerhalb der Petitionen beziehen sich jedoch ebenso auf das SGB XIV).
Zuletzt wurden die bisher objektivierbaren Missstände im August 2022 publik (neuer Stand: August 2023), nachdem ein Rekordtiefstand von Anerkennungen seit mehr als 20 Jahren, für das Jahr 2021, durch die Veröffentlichung der OEG-Statistik des Weißen Rings, verzeichnet werden konnte. Für das Jahr 2022 wurde dieser Rekordtiefstand nochmals überboten. Demnach stellten 2021 von 164.646 erfassten Gewalttaten (PKS) in Deutschland (2022: 197.202), lediglich 15.008 (2022: 15.021) Gewaltopfer einen Antrag nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG), was lediglich 9,12% (2022: 7,62%) entspricht. Erfasst werden in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) allerdings nur die zur Anzeige gebrachten Fälle, wodurch die hohe Dunkelziffer von z.B. sexualisierter Gewalt und sexuellem Kindesmissbrauch, nicht inbegriffen ist und somit eine weitaus höheren Anzahl von Gewaltopfern angenommen werden kann. Ebenso kann eine Gewalttat mehrere Opfer zur Folge haben, welche ebenso wenig in dieser Statistik Erwähnung finden.
Insgesamt erfolgten im Jahr 2021, 6.947 Ablehnungen (Ablehnungsquote an Erledigungen: 46,61%), (2022: waren dies 6.265 (47,33%). Zudem wurden 3.841 Anträge (2022: 3.501) aus sonstigen Gründen erledigt (diese sind beispielsweise der Umzug des Antragsstellers, die Rücknahme des Antrages oder der Tod des Betroffenen). Eine Anerkennung erhielten dahingegen lediglich 4.118 Anträge (2022: 3.472) , was 2,50% der erfassten Gewalttaten (PKS) entspricht (2022: 1,76%).
Was bislang allerdings nicht objektiviert wird, ist die den Verfahren zugrunde liegende strukturelle Gewalt.
Beispielsweise werden zahlreiche Anträge auch trotz eines Strafgerichtsurteils, sowie resultierenden Schäden durch die Gewalttat abgelehnt, indem diese für nicht vorhanden oder als folgenlos abgeheilt, erklärt werden, auch wenn gegenteilige Arzt- und Therapeutenberichte vorliegen. Es finden Retraumatisierungen statt durch den unsensiblen Umgang seitens der Behörden mit den Betroffenen, die Tat, sowie die Folgen hieraus müssen aufgrund der Beweislast mitunter mehrfach geschildert werden, schlechtestenfalls mit dem Resultat der Negation dessen, sowie der Unterziehung mehrerer Gutachten. Zahlreiche Gerichtsverfahren vor den Sozial- Landessozial- und Bundessozialgerichten werden geführt, welche Jahre bis hin zu mehreren Jahrzehnten andauern, lediglich um für ein Recht zu kämpfen, welches ihnen eigentlich laut Gesetz zustehen sollte. Höhere Instanzen bleiben allerdings oftmals verwehrt, aufgrund zu hoher Anwaltskosten hierfür. Diese Form der zusätzlichen Diskriminierung führt nicht selten zur Resignation, ausgelösten Krisen hierdurch, weiteren körperlichen Symptomen, Suizidalität, sowie schlimmstenfalls dem Suizid, wodurch mitunter Fachpersonen von einer Antragsstellung abraten. Dies ist nur ein Auszug dessen, was sich hinter den Verfahren verbirgt und stellt somit keine Gewährleistung der Vollständigkeit dar. (weitere Beispiele sind u.a. in den Presseartikeln, sowie Fernsehbeiträgen zu finden, welche auf dieser Website verlinkt sind).
Umfangreiche Recherchen hierzu wurden dieses Jahr seitens des Weißen Rings erstellt, sowie in seiner Zeitschrift (Forum Opferhilfe) mit dem Titel: Staats-Gewalt, als auch dem OEG-Report, veröffentlicht, weswegen dieser als zusätzliche Begründungsgrundlage der Petition dient.
Um nun gegen die strukturelle Gewalt vorzugehen und diese zu evaluieren, schließen sich Gewaltopfer/ Betroffene deutschlandweit zusammen, um ab dem 02. Oktober 2022 gemeinsam in allen Landtagen, Petitionen einzureichen, nachdem diese für die Umsetzung des Opferentschädigungsgesetzes in den jeweiligen Bundesländern, zuständig sind.
Es werden hierin 3 Maßnahmen gefordert:
1. externe unabhängige Monitoringstellen zu den OEG-Verfahren, beziehungsweise ab 2024 dem SGB XIV
2. externe, unabhängige Beschwerdestellen für Gewaltopfer, sowie Angehörige von Mord- und Tötungsdelikten (welche ebenfalls laut EU-Opferschutzrichtlinie 2012/29/EU als Opfer anzuerkennen sind) und jegliche Missstände erfassen solle, auch über das OEG/ SGB XIV hinaus
3. proaktive Aufklärung zu den Leistungen nach dem OEG/ SGB XIV
Als Ergänzung hierzu werden die eigenen Fälle gegenüber den betreffenden Landtagen in Kurzfassung geschildert, um eine bildliche Vorstellung von der Verfahrenspraxis, sowie den Folgen dessen, gewinnen zu können, welche ansonsten verborgen bliebe. Der Fokus liegt allerdings auf den allgemeinen Forderungen, nicht den Einzelfällen, um in Zukunft eine würdevolle Behandlung von Opfern anzustreben.
Der erste Schritt hierzu wurde bereits im Juli 2022 gemacht, nachdem ich (Gudrun Stifter), eine Petition hierzu im bayerischen Landtag einreichte. Grund hierfür war vor allem das Mitansehen des Leids anderer Gewaltopfer seit nunmehr zwei Jahren, das Verfassen einer Beschwerde für eine Betroffene an die EU-Kommission (welche zugleich die schlimmste Biographie darstellte, von welcher ich jemals Kenntnis nahm), der Involvierung des Falls David C., welcher sich an andere Gewaltopfer wandte, nachdem die resultierenden Schäden der Gewalttat, dessen Opfer er wurde, seitens des Versorgungsamtes negiert wurden und um Hilfestellung bei dem Verfassen einer Beschwerde an die EU-Kommission bat, um die Missstände darlegen zu können. Kurz darauf suizidierte er sich. Vor allem jedoch besteht eine große Lücke in der Evaluation, welche durch eine externe, unabhängige Monitoringstelle geschlossen werden könne.
Nun wird dieser Schritt deutschlandweit mittels nichtöffentlichen Einzelpetitionen ausgeweitet.
Die bereits erstellten Petitionsvorlagen, welche für jedes Bundesland angepasst wurden, sind auf der Website aufzufinden, sodass lediglich die eigene Falldarstellung, sowie die Nennung des betreffenden Versorgungsamtes hinzugefügt werden müsse.
Zusätzlich wird eine Kampagne folgen, bei welcher Fotos des Einwurfs der Petition in die Briefkästen oder des Absendens dessen, zusammengefasst werden, sodass eine Sichtbarkeit des Zusammenhalts, bei zugleicher Anonymität ermöglicht wird. Daher bitte ich um eine Beteiligung daran von allen.
An alle Betroffenen, welche sich an den Petitionen beteiligen:
Ich bedanke mich bei jedem Einzelnen von euch, der diesen Schritt geht, um gemeinsam für eine positive Veränderung einzustehen. Es ist nicht leicht, sich hiermit zu befassen, die eigenen schlimmen Erfahrungen zu schildern und hierbei möglichst sachlich zu bleiben, daher weiß ich diesen Mut sehr zu schätzen!
Meinen Dank möchte ich auch Fr. Schwarz-Saage des deutschen Forums für Kriminalprävention widmen, die mich ihrerseits unbewusst zu dieser Aktion bewogen hat und in verschiedenen Belangen eine große Unterstützung darstellt.
Die Initiatorin
Gudrun Stifter
am 01.10.22 wurde in der Münchner Abendzeitung folgend berichtet:
Textversion für die Übersetzung in andere Sprachen:
Petition für bessere Opferentschädigung
Anlässlich des internationalen Tags der Gewaltlosigkeit am 2. Oktober hat Gudrun Stifter dazu aufgerufen, in allen Landtagen Petitionen zur Verbesserung der Hilfe für Opfer von Gewalttaten einzubringen. Sie hat eine solche in Bayern eingereicht. Es geht um das Opferentschädigungsgesetz (OEG). Ziel der Petition ist die „Etablierung einer externen, unabhängigen Monitoringstelle zur Überprüfung des Opferentschädigungsverfahrens in Bayern sowie einer ebenso unabhängigen Beschwerdestelle für Gewaltopfer“. Es fänden Retraumatisierungen der Betroffenen statt durch die Art und Weise, wie mit den Opfern während des Verfahrens umgegangen wird, so Stifter. Sie ist selbst mehrmals Opfer von Gewalt geworden wie sie der AZ schildert. Nicht zum ersten Mal geht sie gegen Ungerechtigkeiten vor, erzählt sie. Sie mahnt auch die schlechte Versorgung mit Plätzen in Frauenhäusern an. So bestehe die Gefahr, bei einem gewalttätigen Partner zu bleiben oder obdachlos zu werden.
Laut Zahlen des Weißen Rings ist bundesweit 2021 fast jeder zweite Antrag auf Unterstützung nach dem OEG abgelehnt worden (46,6 Prozent) – der schlechteste Wert seit über 20 Jahren.
Julika Sandt, sozialpolitische Sprecherin der FDP im Landtag, unterstützt das Vorhaben: „Oft müssen Betroffene nach dem Martyrium der Gewalttat noch ein zweites Martyrium durchlaufen, um die ihnen zustehenden Entschädigungsleistungen zu erhalten. Viele Opfer von Gewalttaten in Bayern stellen erst gar keinen Antrag oder geben irgendwann auf, weil der Aufwand zu hoch und die Kommunikation der Behörden unsensibel ist. Das ist unerträglich und darf nicht der Anspruch der Staatsregierung bei der Umsetzung der Opferentschädigung sein.“
Treffen mit den Hauptakteuren des ersten, aus den Petitionen resultierenden Antrags in Bayern
- der Landtagsabgeordneten Julika Sandt & dem Fraktionsreferenten Petr Lehr
Unterstützung des Weißen Rings:
Textversion:
Weisser Ring (= die größte Opferhilfsinstitution Deutschlands):
„Dieses Gesetz versagt in der Praxis“
Gewaltopfer fordern Verbesserungen beim OEG
… und reichen Petitionen ein.
Vielen Betroffenen von Kriminalität reicht es: Sie fordern in einer Petition eine bessere Umsetzung des Opferentschädigungsgesetzes (OEG).
Diese Maßnahmen werden gefordert:
- Die Einrichtung von externen unabhängigen Monitoringstellen zu den OEG-Verfahren
- Externe unabhängige Beschwerdestellen für Gewaltopfer sowie Angehörige von Mord- und Tötungsdelikten, die „jegliche Missstände erfassen sollen“.
- Proaktive Aufklärung zu den Leistungen nach dem OEG
Unterstützung von der CSU- Bundestagsabgeordneten Fr. Dr. Silke Launert
Textversion:
„Opfer von Gewalt brauchen unsere Unterstützung! Es braucht mehr Frauenhausplätze und eine Verbesserung des Opferentschädigungsgesetzes, damit Betroffene leichter eine Entschädigung erhalten!“ – Dr. Silke Launert (Mitglied des deutschen Bundestages/ CSU)
Internationaler Tag der Gewaltlosigkeit
Zum internationalen Tag der Gewaltlosigkeit am 2. Oktober wurde deutschlandweit für eine bessere Opferentschädigung geworben. Gefordert wird die Einreichung von Petitionen in allen Landtagen, die sich für eine umfangreichere Unterstützung der Betroffenen einsetzen. In Bayern wurde eine solche von Gudrun Stifter, die selbst mehrfach Opfer von Gewalt wurde, eingereicht. In dieser sprechen sich die Unterstützer für die Errichtung von externen, unabhängigen Monitoringstellen zur Überprüfung des Opferentschädigungsverfahrens, sowie für die Schaffung unabhängiger Beschwerdestellen für Gewaltopfer aus. Auswertungen zeigen, dass Unterstützung nach Partnerschaftsgewalt nach dem Opferentschädigungsgesetz fast zur Hälfte abgelehnt wird. Zahlen, die nicht hinnehmbar sind! Gudrun Stifter weist darauf hin, dass durch die Art und Weise, wie mit Opfern während des Verfahrens umgegangen werde, nicht selten eine Retraumatisierung der Betroffenen stattfinde. All dies zeigt: Es gibt noch viel zu tun! Die Petition ist daher ein tolles und wichtiges Projekt, das ich gerne unterstütze!
Unterstützung seitens der Landtagsabgeordneten Kerstin Celina, bayerischer Landtag
Bürokratie statt Unterstützung- Wie Behörden mit Verbrechensopfern umgehen (ab Min. 10.07)
„sexuelle Gewalt, Körperverletzung, Betrug oder Raub- Jedes Jahr werden zigtausende Menschen Opfer von Straftaten. Die traumatischen Erlebnisse hinterlassen körperliche und seelische Schäden. Eigentlich gibt es Beistand für die Opfer- Beratung, Hilfsmittel und finanzielle Unterstützung, aber die Bürokratie macht es oft schwer da ran zu kommen. Viele Betroffene fühlen sich von den zuständigen Behörden eher gegängelt, als unterstützt.“
Ein Bericht mit:
Gudrun Stifter (Betroffene und Initiatorin der Petitionsinitiative zum Opferentschädigungsgesetz), Bianca Biwer (Leitung der Bundesgeschäftsstelle des Weißen Rings), Stephanie Ihrler (Fachanwältin für Sozialrecht), Fritz Müller (Betroffener) und Dr. Christian Lüdke (Kriminalpsychologe)
Fernsehbeitrag des BR (bayerischer Rundfunk)
Mehr Unterstützung für mehr Gewaltopfer
Opfer schwerer Gewalttaten brauchen Hilfe- medizinische, psychologische und finanzielle. Gudrun Stifter ist Opfer einer Vergewaltigung. Sie hat eine Petition auf den Weg für eine Änderung des Opferentschädigungsgesetz gebracht.
Leider wurde der Fernsehbeitrag jedoch mittlerweile aus der ARD-Mediathek gelöscht
In der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift des Weißen Rings (Forum Opferhilfe), wurde auf S. 25 von der Petitionsaktion berichtet
Textversion:
Deutschlandweit: Aufruf- Petitionen zur Verbesserung der Entschädigung von Gewaltopfern
Eine junge Frau aus Bayern hat Gewaltopfer sowie Bürger und Bürgerinnen in ganz Deutschland dazu aufgerufen, Petitionen bei den Landtagen einzureichen, um Verbesserungen bei der Opferentschädigung zu erreichen- denn die Umsetzung des Bundesgesetzes ist Ländersache. Wie die Initiatorin Gudrun Stifter mitteilte, war der OEG-Report des Weissen Rings der Auslöser für ihr Engagement. Stifter schildert, dass sie Opfer mehrerer Gewalttaten wurde, und fordert unabhängige Monitoring-Stellen zu OEG-Verfahren, unabhängige Beschwerdestellen für Opfer und Angehörige zur Erfassung von Missständen, sowie eine proaktive Aufklärung zu OEG-Leistungen. Auf ihrer Website petitionen-oeg.de erläutert sie, dass Schilderungen von persönlichen Fällen Teil der Petitionen sein können, der Fokus liege allerdings „auf den allgemeinen Forderungen, nicht den Einzelfällen, um in Zukunft eine würdevolle Behandlung von Opfern anzustreben“.